Rechtsprechung

Auf dieser Seite haben wir wichtige Kernaussagen und Leitsätze aus Urteilen des BGH sowie einzelner OLG zusammengefasst. Die zitierten Urteile sind sehr bedeutsam, da zahlreiche Kreditinstitute es bis heute nicht für nötig befinden, der Rechtssprechung zu folgen.

Beratungshaftung bei Krediten

OLG Celle 3 W 81/94

Die Bank wäre darüber hinaus im Rahmen ihrer Beratungspflicht verpflichtet gewesen, ihre Kunden auf günstige öffentliche Darlehen hinzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung darf sich die Bank nicht darauf beschränken, allein die hauseigenen Kreditprogramme darzustellen, sondern muss auch auf die Möglichkeit des Einsatzes günstigerer öffentlicher Förderdarlehen für Existenzgründungen hinweisen. Hat sie dies nicht getan, so haftet sie aus Verschulden bei Vertragsschluss.

Im Klartext:

Was für Existenzgründungen gilt, gilt auch für Unternehmenskonsolidierungen, Unternehmenserweiterungen usw. Im Zweifelsfall ist hier ein Kreditgutachten zur Schadensermittlung vorzunehmen sowie eine Finanzierungsbestätigung der staatlichen Kreditinstitute (z.B. KfW/DtA) erforderlich (wird vom Sachverständigen eingeholt).

BGH XI ZR 248/02

Eine etwa gegebene Aufklärungspflichtverletzung der Bank, die es unterlassen hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten, rechtfertigt keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur auf Ersatz der durch die gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten.

Im Klartext:

Wenn die Bank oder Sparkasse Sie falsch berät und Sie dadurch einen finanziellen Schaden erlitten haben, so ist die Bank/Sparkasse verpflichtet, den entstandenen Schaden zu regulieren.

Variable Hypothekenzinsen und Kontokorrentkredite

BGH III ZR 195/84

Variable Hypothekenzinsen sind keine Einbahnstrasse für den Verbraucher. Zinssenkungen sind bei Verbesserung der Refinanzierungsmöglichkeiten für das Kreditinstitut, an den Kreditnehmer „zeitnah“ weiterzureichen.

OLG Celle 3 U 240/89 und 3 U 69/00

Bei einem Kredit mit variablem, marktabhängigen Zinsen genügt der Kreditgeber seiner vertraglichen Verpflichtung zur Zinsanpassung nach § 315 BGB nur, wenn er Zinsänderungen am Geld- und Kapitalmarkt zeitnah und in Entsprechung der Veränderung der Durchschnittszinssätze für vergleichbare Kredite an den Kreditnehmer weitergibt.

Im Klartext:

Hat das Kreditinstitut ein Darlehen am Tag X mit 8,000 % variabel herausgelegt und der Durchschnittszinssatz beträgt im Monat Y 7,790 %, so hat das Kreditinstitut den variablen Zins im folgenden Monat um 0,210 % zu senken. Diese Zinssenkung wird in vielen Fällen leider „vergessen“ – der Kunde ist ja so blöd und merkt es nicht, bzw. kann es (praktisch) doch nicht nachprüfen.

BGH XI ZR 78/08

(3) Danach benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden auch insoweit unangemessen, als sie ein Zinsanpassungsrecht der Beklagten vorsieht. Auch ein solches benachteiligt die Kunden nur dann nicht unangemessen, wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert ist, die Klausel mithin eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vor-sieht und eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an die Kunden weiter zu geben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat (siehe schon BGHZ 97, 212, 217 f.; vgl. auch Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB nicht gerecht (siehe schon unter II 3 b cc).

Im Klartext:

Was das OLG Celle (und weitere Instanzgerichte) seit Jahren den Kreditinstituten vorschreiben, wird durch den BGH bestätigt – das Äquivalenzverhältnis ist beizubehalten. Vereinfacht dargestellt:

Wenn Sie einen Kontokorrentkredit zu 12,00 % Zinsen/p.a. bekommen und die Bank sich zu 4,00 % Zinsen/p.a. refinanziert, dann resultiert daraus ein Zinsabstand von 8,00 %. Dieser Zinsabstand muss die gesamte Laufzeit über beibehalten werden. Zinsanpassungen sind ab einer Änderung von 0,200 % vierteljährlich vorzunehmen.

Vorfälligkeitsentschädigung/Umfinanzierung

BGH XI ZR 197/96 / XI ZR 198/96 / XI ZR 27/00 und XI ZR 285/03

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Darlehensnehmer gegen Zahlung einer angemessenen Vorfälligkeitsentschädigung die vorzeitige Rücknahme eines grundpfandrechtlich gesicherten Festkredits verlangen kann, wenn er das haftende Grundstück veräußern will oder wenn er es als Sicherheit für eine weitere Kreditaufnahme benötigt.

In diesen Fällen überwiegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs das Interesse des Kreditnehmers an der freien Verfügung über das Grundstück gegenüber dem Interesse der wirtschaftlich voll zu entschädigenden Bank an ungestörter Vertragsabwicklung.

Der Kreditgeber kann jedoch als Vorfälligkeitsentschädigung nicht jeden beliebigen Preis bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) verlangen. Er kann vielmehr nur den Ausgleich der Nachteile beanspruchen, die ihm durch die vorzeitige Ablösung entstehen.

Dem zu Folge sind bei der Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung börsennotierte Hypothekenpfandbriefe als Berechnungsgrundlage zu nehmen – und nicht wie weit verbreitet – die die Pfandbriefe des „synthetischen“ PEX-Indexes.

Im Klartext:

Wenn Sie umfinanzieren wollen und die Bank ist nicht bereit eine Darlehenskündigung zu akzeptieren, dann sollten Sie überlegen, ob Sie nicht für 5.000,00 € Ihr Badezimmer renovieren wollen und diesen Betrag im Rahmen einer neuen Hypothek benötigen – weil ihr Kreditinstitut nicht bereit ist ihnen diesen Betrag zusätzlich zu kreditieren. Dann muss das Kreditinstitut Ihre Darlehenskündigung akzeptieren und ordentlich abrechnen.

Trotz dieser eindeutigen Urteile versuchen noch immer einige Kreditinstitute ihre Kunden über den Tisch zu ziehen – und verlangen mehr als ihnen zusteht. In einem Fall – Darlehen über 550 T€ – waren es rd. 16.000,00 € zuviel.

Vorfälligkeitsentschädigung ohne Vertragsgrundlage

OLG Frankfurt/M. 23 U 301/03 und 23 U 52/04

Das OLG Frankfurt/M. sieht in seinem Urteilen 23 U 301/03 und 23 U 52/04 keine Rechtsgrundlage für eine Vorfälligkeitsentschädigung wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Darlehensgebers dieses nicht ausdrücklich vorsehen.

Gebührenschinderei

BGH XI ZR 219/98

Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten, in denen für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen gegen Kunden von diesen Entgelt gefordert wird, verstoßen gegen § 9 AGB.

Im Klartext:

Wenn Ihnen Ihr Kreditinstitut im Zuge einer Kontenpfändung – von welcher Seite auch immer diese gekommen ist – noch Gebühren für die Bearbeitung und / oder Überwachung dieser Pfändung abverlangt, so ist dieses gesetzeswidrig und Sie können die vereinnahmten Gebühren zurückfordern.

Ruinöse Bürgschaften

BGH XI ZR 28/04

Verbürgt sich der finanziell krass überforderte Ehepartner für ein staatlich gefördertes Existenzgründungsdarlehen des anderen, so genügt es zur Widerlegung der Vermutung eines Handelns aus emotionaler Verbundenheiten nicht, dass der Bürge in dem künftigen Gewerbebetrieb an verantwortlicher Stelle mitarbeiten soll.

Im Klartext:

Emotional, womöglich unter Druck, abgegebene Bürgschaften von finanziell krass überforderten Bürgen – nicht nur für Kredite zur Existenzgründung – sondern generell, sind in der Regel Sittenwidrig.

und XI ZR 325/03

Zur Abgrenzung zwischen echter Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender Mithaftungsübernahme.

Im Klartext:

Wenn Sie ein Darlehen mitunterschreiben, von dem Sie definitiv nichts haben, über dessen Verwendung Sie keine Mitsprache ausüben können usw., dann sind Sie nicht Mitdarlehnsnehmer für dieses Darlehen, sondern Bürge. Hieraus resultieren im Zweifelsfall erhebliche Rechte für Sie (s. Urteil BGH XI ZR 28/04).

Veröffentlichte Urteile der letzten Jahre des BGH

Veröffentlichte Urteile der letzten Jahre des BGH im Volltext – soweit sie von rechtlicher Relevanz hinsichtlich Krediten, Bürgschaften usw. sind – finden Sie auch zum downloaden auf unserer Homepage unter BGH-Urteile im Volltext.

Wenn Sie ein ganz spezielles Grundsatzurteil (sog. Leitsatzentscheidung) suchen, dann sollten Sie allerdings die Website des BGH besuchen:

http://www.bundesgerichtshof.de/